Als Freiberufler die Steuererklärung zu machen, bedeutet oft: EÜR ausfüllen. Die Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) ist für viele Selbstständige die einfachste Form der Gewinnermittlung. Trotzdem treten bei der Praxis häufig Fragen auf: Welche Belege zählen, wie behandelt man Anschaffungen richtig, was muss in die Anlage EÜR? Dieser Beitrag erklärt verständlich und praxisnah, wie Sie die EÜR korrekt erstellen, welche Fristen und Formulare gelten und welche Fehler Sie vermeiden sollten.
Was ist die EÜR und wer kann sie nutzen?
Die EÜR ist eine vereinfachte Gewinnermittlung nach dem Zufluss-/Abflussprinzip: Gewinn = Einnahmen − Ausgaben. Rechtsgrundlage ist § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Freiberufler und viele kleine Gewerbetreibende können dieses Verfahren nutzen, solange keine Verpflichtung zur doppelten Buchführung besteht.
Wer darf die EÜR anwenden?
- Freiberufler (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Journalisten) nutzen üblicherweise die EÜR.
- Kleine Gewerbetreibende können die EÜR wählen, solange keine handelsrechtliche Buchführungspflicht greift. Bei Überschreiten bestimmter Größenklassen (z.B. sehr hoher Umsatz oder Gewinn) ist ggf. Bilanzierung erforderlich.
Wichtig zu wissen
Die aus der EÜR ermittelte Summe wird in die Einkommensteuererklärung übernommen. Bei Freiberuflern erfolgt die Eintragung in der Regel in der Anlage S (selbständige Arbeit).
Vorbereitung: Unterlagen, Fristen und Software
Bevor Sie mit dem Ausfüllen beginnen, sammeln Sie alle relevanten Belege und entscheiden Sie, wie Sie die Buchführung führen: manuell, mit Tabellen oder mit Buchhaltungssoftware. Elektronische Abgabe ist in der Praxis Standard.
Benötigte Unterlagen
- Umsatzbelege (Rechnungen, Bareinnahmen, Kontoauszüge)
- Ausgabenbelege (Eingangsrechnungen, Quittungen, Mietverträge)
- Belege für Abschreibungen (Anschaffungsrechnungen für Anlagevermögen)
- Belege für Versicherungen, Altersvorsorge, Telefon/Internet, Reisekosten, Bewirtung usw.
Fristen und elektronische Abgabe
Die EÜR ist Teil der Einkommensteuererklärung und muss fristgerecht abgegeben werden. Die elektronische Übermittlung erfolgt über das ELSTER-Portal; informieren Sie sich vorab auf dem offiziellen Portal, z.B. auf ELSTER. Viele Steuerberater und Softwarelösungen arbeiten mit DATEV- oder anderen Standardformaten; wenn Sie eine Software nutzen, prüfen Sie Exportmöglichkeiten und Schnittstellen.
Aufbewahrungsfristen
Belege müssen steuerrechtlich aufbewahrt werden: Bücher, Aufzeichnungen und Unterlagen, die für die Besteuerung relevant sind, unterliegen häufig der 10-jährigen Aufbewahrungsfrist; andere Unterlagen können 6 Jahre aufzubewahren sein. Genauere Auskünfte dazu finden Sie in Veröffentlichungen des Bundesfinanzministeriums.
EÜR korrekt ausfüllen: Schritt-für-Schritt
Die Anlage EÜR ist in Felder und Positionen gegliedert. Im Folgenden ein praktischer Ablauf, damit nichts vergessen wird.
1. Allgemeine Angaben
- Steuernummer, Name, Adresse und Zeitraum (Kalenderjahr oder abweichendes Wirtschaftsjahr).
- Angaben zur Art der Tätigkeit (Freiberufler/Gewerbe).
2. Betriebseinnahmen erfassen
Fassen Sie alle Einnahmen zusammen: Rechnungsbeträge, Kasseneinnahmen, Gutschriften. Bei der EÜR zählt der Zahlungseingang (Zuflussprinzip).
3. Betriebsausgaben ordnen
Tragen Sie die Ausgaben nach Kategorien ein: Miete, Büro, Fahrtkosten, Fachliteratur, Telefon/Internet, Versicherungen etc. Beachten Sie: private und betriebliche Ausgaben dürfen nicht vermischt werden.
4. Abschreibungen (AfA) und GWG
Anlagegüter mit Nutzungsdauer >1 Jahr werden über die AfA abgeschrieben. Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) mit einem Nettowert bis 800 € (Stand der letzten Jahre) können sofort im Jahr der Anschaffung voll abgeschrieben werden. Die AfA beginnt im Jahr der Anschaffung/Inbetriebnahme.
5. Gewinnermittlung und Übernahme in Steuererklärung
Ergebnis: Einnahmen minus Ausgaben ergibt den Gewinn. Diesen Gewinn tragen Sie in die Einkommensteuererklärung ein (bei Freiberuflern meist in der Anlage S). Achten Sie auf korrekte Übernahme in das Mantelbogen-Feld.
Praktische Hinweise zur elektronischen Abgabe
- Nutzen Sie das EÜR-Formular in ELSTER oder exportieren Sie aus Ihrer Software die EÜR im amtlichen Format.
- Belege müssen zwar nicht zwingend mitgesendet werden, aber auf Nachfrage dem Finanzamt vorgelegt werden können.
Praxisbeispiele, eine Tabelle und häufige Fallstricke
Ein konkretes Beispiel hilft beim Verständnis. Angenommen: Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit 50.000 €, verschiedene Ausgaben, und ein kleines Anlagegut.
Posten | Betrag (€) |
---|---|
Einnahmen | 50.000 |
Miete Büro | 6.000 |
Büromaterial | 1.200 |
Reisekosten | 800 |
Abschreibung (Anlagegut) | 1.000 |
Sonstige Betriebsausgaben | 1.000 |
Gewinn | 40.000 |
Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden
- Private Ausgaben nicht abgrenzen: Führen Sie getrennte Konten für Betrieb und Privat.
- Belege fehlen: Scannen und systematisch ablegen (GoBD-konform).
- Falsche Behandlung der Umsatzsteuer: Prüfen Sie, ob Kleinunternehmerregelung (§19 UStG) greift.
- Fehler bei AfA/GWG: Prüfen Sie den Nettobetrag und die richtige Nutzungsdauer.
- Falsche Periodenzuordnung: Bei EÜR gilt das Zufluss-/Abflussprinzip – beachten Sie Zahlungszeitpunkt.
Sonderfälle
Arbeitszimmer, Bewirtungskosten, Geschenke, und Kfz-Nutzung bergen oft Unsicherheiten. Beispiel: Bewirtungskosten sind nur zu 70% abziehbar und benötigen detaillierte Nachweise. Für Fragen zu speziellen Rechtsfragen oder Unsicherheiten beim Ausfüllen kann eine Rückfrage beim Steuerberater sinnvoll sein; Informationen und Hilfen finden Sie außerdem bei Berufsverbänden oder Kammern wie der IHK.
Organisation, Digitalisierung und Unterstützung
Eine saubere Organisation erspart Zeit und reduziert Fehler in der EÜR. Digitalisieren Sie Belege zeitnah und nutzen Sie Buchhaltungssoftware, die auf den deutschen Standardformaten arbeitet. Professionelle Tools bieten meist Exporte in das amtliche EÜR-Format und Schnittstellen zu Steuerberatern. Anbieter wie DATEV sind in der Praxis weit verbreitet und erleichtern die Zusammenarbeit mit dem Steuerberater.
Tipps für die Praxis
- Monatliche oder quartalsweise Aufbereitung verhindert Hektik zum Jahresende.
- Setzen Sie Regeln für die Ablage (z.B. Ordnerstruktur, Benennung von PDFs).
- Notieren Sie bei jedem Ausgabebeleg den betrieblichen Zweck.
- Nutzen Sie automatisierte Bankabgleiche, um Einnahmen lückenlos zu erfassen.
Fazit
Die Einnahmen-Überschussrechnung ist für viele Freiberufler die praktikable Methode zur Gewinnermittlung. Entscheidend sind sorgfältige Belegführung, die richtige Behandlung von Abschreibungen und die Einhaltung steuerlicher Fristen. Nutzen Sie elektronische Hilfsmittel (z.B. das ELSTER-Portal) und gegebenenfalls die Beratung durch einen Steuerberater, um Fehler zu vermeiden. Für rechtliche Detailfragen und aktuelle Regelungen empfiehlt sich die Konsultation offizieller Quellen wie Informationen des Bundesfinanzministeriums. Mit einer systematischen Vorbereitung und klarer Dokumentation lässt sich die EÜR effizient und korrekt erstellen, sodass Sie sich auf Ihr Kerngeschäft konzentrieren können.
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