Freiberufler sind natürliche Personen, die eine selbständige, wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende, erzieherische oder vergleichbare Tätigkeit ausüben und damit Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG §18) erzielen. Für die buchhalterische Praxis bedeutet das: andere Regeln als für Gewerbetreibende, in der Regel die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) statt doppelte Buchführung und meist keine Gewerbesteuerpflicht.
Abgrenzung zum Gewerbebetrieb und rechtliche Grundlagen
Die Einordnung als Freiberufler richtet sich nach dem EStG (§18) und der Rechtsprechung. Typische Katalogberufe sind Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Architekten, Ingenieure, Journalisten, Künstler und ähnliche Berufe. Entscheidend ist überwiegend die persönliche, fachlich unabhängige und wissenschaftlich-künstlerische Tätigkeit.
- Keine Gewerbeanmeldung: Freiberufler müssen in der Regel kein Gewerbe anmelden, sondern melden ihre Tätigkeit dem Finanzamt an.
- Gewerbesteuer: Für echte Freiberufler fällt normalerweise keine Gewerbesteuer (GewStG) an. Grenzfälle (z. B. technische Dienstleistungen mit gewerblichem Charakter) sollten mit dem Steuerberater oder dem Finanzamt geklärt werden.
- Handelsrechtliche Buchführungspflicht: Die Verpflichtung zur doppelten Buchführung ergibt sich aus dem HGB; viele Freiberufler bleiben davon ausgenommen und führen eine EÜR (§4 Abs.3 EStG).
Buchhalterische Pflichten und praktische Umsetzung
Für die tägliche Buchhaltung von Freiberuflern sind Übersichtlichkeit und GoBD-konforme Ablage zentral. Die meisten Freiberufler nutzen die EÜR, dokumentieren Einnahmen und Ausgaben chronologisch und erfassen Belege systematisch.
Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) vs. doppelte Buchführung
- EÜR: Einfachere Form; Erfassung von Zahlungseingängen und -ausgängen; steuerlich anerkannt für die meisten Freiberufler (§4 Abs.3 EStG).
- Doppelte Buchführung: Pflicht, wenn handelsrechtliche Schwellenwerte oder besondere Rechtsformen (z. B. GmbH) vorliegen.
Praktische Buchführungstipps
- Trennen Sie Geschäfts- und Privatkonto.
- Scannen und archivieren Sie Belege GoBD-konform; Aufbewahrungsfristen beachten (i. d. R. 10 Jahre für steuerlich relevante Unterlagen, AO §147).
- Monatliche Bankabstimmung und Kategorisierung von Einnahmen und Ausgaben erleichtern Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jahresabschluss.
- Setzen Sie auf Buchhaltungssoftware, die EÜR, AfA-Berechnung und USt-Voranmeldungen unterstützt.
Steuern, Rechnungsstellung und Voranmeldungen
Freiberufler müssen verschiedene steuerliche Pflichten beachten. Wichtige Punkte für die Praxis:
Einkommensteuer und Vorauszahlungen
- Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit werden in der Einkommensteuererklärung erklärt; das Finanzamt setzt ggf. Vorauszahlungen fest.
Umsatzsteuer und Kleinunternehmerregelung
- Sie sind umsatzsteuerpflichtig, wenn Sie die Kleinunternehmerregelung (§19 UStG) nicht in Anspruch nehmen oder die Umsätze die Grenzen überschreiten. Bei Anwendung von §19 UStG stellen Sie Rechnungen ohne Umsatzsteuer aus, müssen dann aber auf die Regelung hinweisen.
- Bei Regelbesteuerung: USt-Voranmeldungen monatlich/vierteljährlich je nach Umsatz, Jahreserklärung zum Jahresende.
- Rechnungsanforderungen richten sich nach UStG §14: vollständige Rechnungsangaben, Steuernummer oder Umsatzsteuer-ID bei ausgewiesener USt.
AfA, Werbungskosten und Betriebsausgaben
- Anschaffungen von Wirtschaftsgütern mit Nutzungsdauer über ein Jahr sind über die AfA abzuschreiben (EStG §7).
- Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) können sofort abgesetzt werden, wenn die jeweiligen Grenzen eingehalten werden.
Praxisbeispiele und typische Fallgestaltungen
Konkrete Beispiele helfen bei der Umsetzung in der Buchhaltung:
- IT-Berater (freiberuflich): Stellt Rechnungen an Kunden, nutzt EÜR, zieht Reisekosten, Fachliteratur und Softwarelizenzen als Betriebsausgaben ab. Bei Überschreiten der Umsatzgrenze oder bewusster Wahl verzichtet er auf §19 UStG und führt Umsatzsteuer ab.
- Grafikdesigner/Künstler: Kann bei künstlerischer Tätigkeit in die Künstlersozialkasse (KSK) einzahlen; Einkünfte als freiberufliche Einkünfte, EÜR, ggf. steuerliche Behandlung von Lizenzvergütungen und Urheberrechten beachten.
- Ärztliche Praxis: Häufig Praxisgemeinschaften; Abgrenzung zwischen freiberuflicher Tätigkeit und ggf. gewerblicher Anteil (z. B. MVZ) erforderlich. Umsatzsteuerbefreiung in bestimmten Heilberufen prüfen.
Für komplexe Grenzfälle (Abgrenzung Freiberufler vs. Gewerbetreibender, Einrichtung einer Praxisgemeinschaft, Nutzung von Fremdpersonal) ist die Beratung durch einen Steuerberater empfehlenswert, um mögliche Gewerbesteuer- oder bilanzrechtliche Folgen rechtzeitig zu erkennen.
Praxis-Tipp: Führen Sie von Anfang an eine strukturierte Belegablage, nutzen Sie eine geeignete Buchhaltungssoftware und klären Sie bei Unsicherheiten die Einordnung Ihrer Tätigkeit mit dem Finanzamt oder einem Steuerberater. So vermeiden Sie Nachzahlungen, Verzögerungen bei Voranmeldungen und unnötigen Prüfungen.