Vorsteuer ist die Umsatzsteuer, die ein Unternehmer beim Einkauf von Waren oder Dienstleistungen an seine Lieferanten bezahlt und die er unter den Voraussetzungen des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vom Finanzamt ganz oder teilweise zurückfordern darf. Praktisch handelt es sich um die beim Bezug von Eingangsleistungen ausgewiesene Umsatzsteuer, die als Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Jahreserklärung geltend gemacht wird.
Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen
Der Anspruch auf Vorsteuerabzug richtet sich insbesondere nach § 15 UStG. Wichtige Voraussetzungen sind:
- Sie sind Unternehmer im Sinne des UStG und verwenden die bezogenen Leistungen für Ihr Unternehmen.
- Es liegt eine ordnungsgemäße Rechnung vor, die die gesetzlichen Anforderungen gemäß § 14 UStG erfüllt.
- Die Leistung wurde erbracht und die Rechnung ist über den Vorsteuerbetrag zahlbar (Zugang der Rechnung ist maßgeblich).
Beachten Sie außerdem die Berichtigungsvorschriften des § 15a UStG, die insbesondere bei anteiliger oder geänderter Nutzung von Anlagegütern greifen. Kleinunternehmer nach § 19 UStG können hingegen keinen Vorsteuerabzug geltend machen.
Praktische Buchung und konkrete Beispiele
In der Buchhaltung wird die gezahlte Vorsteuer getrennt von den Netto-Einstandskosten erfasst, um sie in der Umsatzsteuervoranmeldung auszuweisen. Typische Buchung bei Wareneinkauf:
- Soll: Wareneingang (Netto)
- Soll: Vorsteuer (USt-Betrag)
- Haben: Verbindlichkeiten aus LuL (Bruttobetrag)
Beispiel (19 % USt):
| Netto | USt 19 % | Brutto |
|---|---|---|
| 1.000,00 € | 190,00 € | 1.190,00 € |
In der Umsatzsteuervoranmeldung wird die Vorsteuer (hier 190,00 €) den von Ihnen vereinnahmten Umsatzsteuerbeträgen gegenübergestellt. Ergibt sich ein Vorsteuerüberhang (Vorsteuer > Umsatzsteuer), beantragen Sie eine Erstattung bzw. erhalten eine Verrechnung mit anderen Steuerschulden.
Buchhalterischer Ablauf bei Erstattung
- Monatliche/vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldung abgeben (Fristen beachten).
- Vorsteuer in der Voranmeldung angeben und mit Umsatzsteuer saldieren.
- Erstattung wird vom Finanzamt angewiesen oder Verrechnung vorgenommen.
Einschränkungen, Korrekturen und besondere Fälle
Nicht jede gezahlte Umsatzsteuer ist als Vorsteuer abzugsfähig. Wichtige Ausschlussfälle sind:
- Private Verwendungen oder nichtunternehmerische Tätigkeiten.
- Vorsteuerbeträge aus Bewirtungskosten (nur 50 % abziehbar bei Geschäftsessen unter Bedingungen) bzw. bei bestimmten Repräsentationsaufwendungen eingeschränkt.
- Leistungen, die für steuerfreie Umsätze verwendet werden, führen ggf. zu einem Ausschluss oder einer anteiligen Kürzung des Vorsteuerabzugs.
Bei Änderung der Nutzung (z. B. von unternehmerisch zu privat oder umgekehrt) greift die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG. Auch bei Fehlangaben in Rechnungen kann eine Berichtigung erforderlich sein.
Import und innergemeinschaftliche Erwerbe
Einfuhrumsatzsteuer kann unter bestimmten Voraussetzungen als Vorsteuer geltend gemacht werden. Bei innergemeinschaftlichen Erwerbungen entsteht die Steuer in der Regel im Rahmen der Erwerbsbesteuerung und ist ebenfalls als Vorsteuer abziehbar, sofern die gesetzlichen Bedingungen erfüllt sind.
Praktische Tipps für Freiberufler und kleine Unternehmen
Für einen reibungslosen Vorsteuerabzug empfehlen sich folgende Maßnahmen:
- Rechnungen sofort prüfen: Achten Sie auf vollständige Angaben nach § 14 UStG (Leistungszeitpunkt, Steuersatz, Steuernbetrag, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei innergemeinschaftlichen Leistungen).
- Belege digital und geordnet aufbewahren: Aufbewahrungsfrist in der Regel 10 Jahre; Zugriff sicherstellen.
- Kleinunternehmerstatus prüfen: Wenn Sie die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG anwenden, verzichten Sie auf den Vorsteuerabzug—dies kann Vor- und Nachteile haben.
- Sonderfälle dokumentieren: Nutzung von Dienstwagen, gemischt genutzte Räume oder Bewirtungsausgaben sollten gesondert erfasst werden, um Nachfragen des Finanzamts zu vermeiden.
Bei Unsicherheiten empfiehlt sich Rücksprache mit einem Steuerberater, insbesondere bei komplexen Fällen wie Investitionsgütern mit langfristiger Nutzung oder grenzüberschreitenden Leistungen. So stellen Sie sicher, dass der Vorsteuerabzug korrekt vorgenommen und mögliche Rückforderungen vermieden werden.