Gewinnermittlungsart bezeichnet die gesetzlich festgelegte Methode, mit der Unternehmer und Freiberufler ihren steuerlichen Gewinn ermitteln. In Deutschland unterscheidet man grundsätzlich zwischen der einfachen Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) und der Bilanzierung (Betriebsvermögensvergleich). Die Wahl der Gewinnermittlungsart beeinflusst Buchführungspflichten, steuerliche Gestaltungsspielräume und die Darstellung der wirtschaftlichen Lage Ihres Unternehmens.
Übersicht der gängigen Gewinnermittlungsarten
Für die Praxis sind zwei Verfahren besonders relevant:
- Einnahmenüberschussrechnung (EÜR): Vereinfachte Form der Gewinnermittlung nach den Einnahmen und Ausgaben eines Kalender- oder Wirtschaftsjahres. Rechtsgrundlage ist unter anderem § 4 Abs. 3 EStG. Häufig von Freiberuflern und kleinen Einzelunternehmern genutzt.
- Bilanzierung / Betriebsvermögensvergleich: Gewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen Betriebsvermögen am Ende und Beginn des Jahres unter Berücksichtigung von Entnahmen und Einlagen. Grundlage sind handelsrechtliche Vorschriften (§§ 238 ff. HGB) und das Steuerrecht, das die handelsrechtliche Bilanz häufig maßgebend macht.
Wann welche Methode zur Anwendung kommt
Ob Sie EÜR oder Bilanzierung anwenden müssen, hängt von Ihrer Rechtsform, Ihrer Kaufmannseigenschaft nach HGB und gesetzlichen Schwellen ab. Freiberufler und kleinere Gewerbetreibende können in der Regel die EÜR verwenden, sofern sie nicht buchführungspflichtig sind. Kaufleute nach HGB sind zur doppelten Buchführung und Bilanzierung verpflichtet.
Wichtig ist: die Wahl ist steuerlich und handelsrechtlich relevant. Ein späterer Wechsel der Gewinnermittlungsart kann Meldepflichten und Übergangsregelungen auslösen. Prüfen Sie daher vor einem Wechsel die Auswirkungen auf Abschreibungen, Rückstellungen und die handelsrechtliche Publizitätspflicht.
Vor- und Nachteile in der betrieblichen Praxis
Einnahmenüberschussrechnung (EÜR)
- Vorteile: Einfache Handhabung, geringerer Büroaufwand, geringe laufende Kosten.
- Nachteile: Weniger Transparenz für Banken und Geschäftspartner, beschränkte Möglichkeiten zur steuerlichen Gestaltung (z. B. bei Rückstellungen).
Bilanzierung
- Vorteile: Genauere Abbildung von Vermögen und Schulden, bessere Grundlage für Investitionsentscheidungen und Fremdfinanzierung, steuerliche Anerkennung von Rückstellungen und Teilwertabschreibungen.
- Nachteile: Höherer Aufwand, Pflicht zur Beachtung handels- und steuerrechtlicher Bewertungsregeln, manchmal Kosten für Steuerberater und Jahresabschlussprüfungen.
Praxisnahe Hinweise und konkrete Beispiele
So wählen Sie die passende Gewinnermittlungsart:
- Prüfen Sie Ihre Rechtsform und ob Sie nach HGB als Kaufmann gelten. Bei Kaufmannseigenschaft besteht in der Regel Bilanzierungspflicht.
- Beurteilen Sie Ihre betrieblichen Bedürfnisse: Benötigen Sie eine aussagekräftige Bilanz für Kreditanträge oder Investoren? Dann ist Bilanzierung vorteilhaft.
- Berücksichtigen Sie steuerliche Effekte: Bilanzierung ermöglicht z. B. Bilanzierung von Rückstellungen, die das zu versteuernde Ergebnis beeinflussen können.
Konkretes Beispiel 1: Sie sind freiberuflicher Webentwickler und arbeiten allein. Ihre Umsätze sind überschaubar und Sie benötigen keine Bankfinanzierung. Die EÜR ist hier meist ausreichend und spart Zeit.
Konkretes Beispiel 2: Sie betreiben ein wachsendes Handelsunternehmen als Einzelunternehmer und möchten Kredite aufnehmen. Die Bank verlangt eine Bilanz. In diesem Fall ist die doppelte Buchführung sinnvoll, da sie die wirtschaftliche Lage transparenter darstellt.
Praktische Abläufe und Formulare
Für die EÜR verwenden Sie bei der Einkommensteuererklärung in der Regel die Anlage EÜR. Bei Bilanzierung erstellen Sie einen Jahresabschluss (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) nach HGB und reichen gegebenenfalls die Steuerbilanz ein. Beachten Sie die Unterschiede in Bewertung und Ansatz zwischen Handels- und Steuerbilanz (Maßgeblichkeitsprinzip).
Praxis-Tipps:
- Führen Sie eine klare Belegorganisation, unabhängig von der gewählten Methode.
- Lassen Sie komplexe Sachverhalte (z. B. Leasing, Rückstellungen, latente Steuern) vom Steuerberater prüfen.
- Dokumentieren Sie einen Wechsel der Gewinnermittlungsart schriftlich und stimmen Sie ihn mit dem Finanzamt ab.
| Aspekt | EÜR | Bilanzierung |
|---|---|---|
| Komplexität | niedrig | hoch |
| Transparenz für Dritte | gering | hoch |
| Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten | begrenzt | umfangreich |
Fazit: Die richtige Gewinnermittlungsart hängt von Ihrer Unternehmensform, dem Umfang Ihrer Geschäftstätigkeit und Ihren finanziellen Zielen ab. Treffen Sie die Entscheidung bewusst und ziehen Sie bei Unsicherheiten einen Steuerberater hinzu, um steuerliche Risiken zu vermeiden.