Die elektronische Rechnung (E‑Rechnung) verändert die Art, wie Unternehmen Rechnungen empfangen, prüfen und buchen. Für viele Firmen bedeutet das weniger Papier, schnellere Prozesse und bessere Nachvollziehbarkeit — zugleich steigen Anforderungen an Technik, Compliance und Organisation. In diesem Artikel erkläre ich praxisnah, wie E‑Rechnungen technisch empfangen, inhaltlich geprüft, in die Buchhaltung überführt und rechtskonform archiviert werden. Nach der Lektüre wissen Sie, welche Formate und Übertragungswege relevant sind, welche Prüfschritte nötig sind und wie Sie typische Fehlerfälle effizient behandeln.
Was ist eine E‑Rechnung und welche Formate gibt es?
Unter einer E‑Rechnung versteht man eine Rechnung, die in einem strukturierten, elektronischen Format übermittelt wird, sodass sie maschinell weiterverarbeitet werden kann. Reine PDFs fallen nur dann unter den Begriff, wenn sie maschinenlesbare strukturierte Daten enthalten (z. B. als Anhang oder eingebettete XML‑Datei).
Wichtige Formate im Überblick
- XRechnung: Deutsches XML‑Format basierend auf dem europäischen Standard EN 16931, häufig für Rechnungen an öffentliche Auftraggeber verwendet.
- ZUGFeRD / Factur‑X: Hybridformat mit sichtbarem PDF und eingebetteter XML‑Struktur; gut geeignet für den Mittelstand, weil Mensch und Maschine bedient werden.
- UBL / PEPPOL BIS: International gebräuchliche Formate, oft über das PEPPOL‑Netzwerk transportiert.
Die technischen Spezifikationen und Validierungsregeln sind dokumentiert; eine zentrale Anlaufstelle für Standards in Deutschland ist die Initiative FERD, die die Formate und deren Anwendung beschreibt, siehe etwa FERD‑Net.
Technische Empfangswege und erste Validierung
Der Empfang einer E‑Rechnung erfolgt über verschiedene Kanäle. Welcher Weg gewählt wird, hängt von Lieferanten, Kunden und eingesetzter Software ab.
Übliche Übertragungswege
- PEPPOL: Ein europaweit verbreitetes Netzwerk mit Access‑Points. Sehr verbreitet im B2G‑Bereich und zunehmend im B2B.
- Direkt per E‑Mail: Z. B. als ZUGFeRD‑PDF oder als XML‑Anhang. Einfach, aber weniger standardisiert.
- SFTP / Webservices / API: Direkte Schnittstellen zum ERP oder Dokumentenmanagementsystem (DMS).
- Portale: Kundenportale oder Anbieterplattformen, die Rechnungen zentral bereitstellen.
Automatische Erstprüfung
Unmittelbar nach Eingang sollte eine automatisierte Prüfung laufen, um Zeit und Kosten zu sparen. Typische Prüfungen sind:
- Formatvalidierung (Schema/XML‑Validierung).
- Semantische Prüfungen (Pflichtfelder, Steuersätze, Rechnungsnummer, Datum).
- Abgleich mit Bestellungen / Lieferungen (PO‑Nummer, Mengen, Preise).
- Signaturprüfung, falls die E‑Rechnung digital signiert ist.
Bei Validierungsfehlern empfiehlt sich eine Rückmeldung an den Lieferanten mit klarer Fehlerbeschreibung, damit Korrekturen automatisiert oder halbautomatisiert erfolgen können.
Verarbeitung in der Buchhaltung und ERP‑Integration
Die reine Validierung ist nur der erste Schritt. Damit E‑Rechnungen den erwarteten Nutzen bringen, müssen sie in bestehende Prozesse integriert werden.
Schritte der weiteren Verarbeitung
- Transformation: Umwandlung des eingehenden Formats in das interne Buchungsformat (z. B. Mapping auf Konten, Steuerschlüssel).
- Automatisiertes Buchen: Übernahme in das ERP zur Kontoabstimmung und Zahlungsfreigabe; idealerweise mit Workflow‑Unterstützung.
- Manuelle Prüfung und Freigabe: Nur für Ausnahmen oder Abweichungen — z. B. Preisabweichungen oder fehlende PO‑Bezüge.
- Zahlungsverkehr: Erstellung von Zahlungsaufträgen und Übergabe an das Bankmodul.
Ein praktisches Beispiel: Ein Maschinenbaubetrieb erhält eine XRechnung über PEPPOL. Die Software validiert die XML, mappt Positionen und Steuern auf das ERP‑Schema, ordnet die Rechnung automatisch zur Bestellung und erstellt einen Freigabeworkflow für die Fachabteilung. Nur bei Abweichungen (z. B. andere Menge oder Preis) geht die Rechnung zur manuellen Prüfung.
Typische Herausforderungen
- Fehlende oder falsche PO‑Nummern: erschwert automatischen Abgleich.
- Inkompatible Steuerkennzeichen oder Sondersteuersätze.
- Unterschiedliche Feldbelegungen zwischen Formaten — erfordert robuste Mappings.
- Mehrere Rechnungsdateien (z. B. eine XML und ein PDF) müssen zusammengeführt werden.
Rechtliche Anforderungen, Archivierung und Audit‑Compliance
Elektronische Rechnungen sind steuer‑ und handelsrechtlich gleichzustellen mit Papierrechnungen, benötigen aber eine revisionssichere Archivierung und Nachvollziehbarkeit. Rechtliche Grundlagen und die Anforderungen an die Aufbewahrung sind in Deutschland streng geregelt.
Wesentliche Pflichten
- Aufbewahrungsfristen: Steuerrelevante Unterlagen müssen in der Regel zehn Jahre aufbewahrt werden.
- Unveränderbarkeit und Nachvollziehbarkeit: Änderungen an Rechnungen müssen dokumentiert werden; Audit‑Trails sind erforderlich.
- Signaturen und Herkunftssicherung: Bei elektronischen Austauschprozessen kann die Signatur oder andere Verfahren zur Herkunft- und Unversehrtheitssicherung erforderlich sein.
- GoBD: Die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form regeln, wie elektronische Dokumente aufzubewahren und nachprüfbar zu machen sind; hierzu gibt es ausführliche Hinweise des Finanzministeriums.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden durch nationale und europäische Vorgaben beeinflusst; für konkrete Rechtsfragen und die Auslegung hilft die Fachliteratur und offizieller Rat, beispielsweise Informationen des Bundesfinanzministerium.
Archivierungspraxis
- Wählen Sie ein revisionssicheres Archivsystem, das Datenintegrität, Zeitstempelung und Zugriffskontrolle gewährleistet.
- Speichern Sie sowohl die strukturierte Datei (XML) als auch die menschenlesbare Darstellung (PDF) zusammen ab.
- Dokumentieren Sie Prozesse zur Prüfung, Freigabe und Korrektur von Rechnungen.
Praxisbeispiele, Tipps für die Umsetzung und ein Vergleich der Formate
Im Alltag treten zwei typische Szenarien auf: Kleine Firmen, die gelegentlich E‑Rechnungen erhalten, und größere Unternehmen mit hohem Rechnungsaufkommen.
Beispiel: Kleiner Dienstleister
Ein IT‑Dienstleister erhält vereinzelt ZUGFeRD‑Rechnungen per E‑Mail. Die einfachste Lösung ist ein PDF‑Leser mit ZUGFeRD‑Plugin oder ein Cloud‑Service, der die XML extrahiert und an das Buchhaltungsprogramm übergibt. Manuelle Nacharbeit bleibt minimal, weil die Rechnungen dicht an der visuell lesbaren PDF‑Darstellung bleiben.
Beispiel: Mittelständischer Produktionsbetrieb
Ein mittelständischer Betrieb empfängt hunderte Rechnungen pro Monat über PEPPOL und direkte SFTP‑Schnittstellen. Hier lohnt sich die Integration in ERP und ein Workflow‑System: Validierung, automatischer Abgleich mit Bestellungen, Freigaben zielgerichtet für Ausnahmen und automatisches Archiv.
Merkmal | XRechnung | ZUGFeRD / Factur‑X |
---|---|---|
Format | Reines XML (EN 16931) | Hybrid: PDF + eingebettetes XML |
Zweck | B2G, normierte maschinelle Verarbeitung | Flexibel, Mensch + Maschine |
Vorteile | Klare Struktur, gute Validierbarkeit | Lesbarkeit, einfache Verbreitung via E‑Mail |
Nachteile | Weniger lesbar ohne Viewer | Komplexität bei Extraktion und Mapping |
Umsetzungs‑Tipps
- Starten Sie mit einer klaren Regel, welche Formate Sie akzeptieren und wie Fehler gemeldet werden.
- Setzen Sie auf automatische Validierung und nur bei Abweichungen einen manuellen Freigabeprozess.
- Schulen Sie Einkäufer und Lieferanten: Praktisch reduziert ein verpflichtendes Mapping auf PO‑Nummern den manuellen Aufwand drastisch.
- Testen Sie den Empfang mit Pilot‑Lieferanten, bevor Sie großflächig umstellen.
Fazit
E‑Rechnungen bieten erhebliche Effizienzgewinne — vorausgesetzt, Empfang, Validierung, Integration und Archivierung sind gut organisiert. Entscheidend sind die Wahl des passenden Formats, die Automatisierung prüfbarer Schritte und die rechtskonforme Archivierung nach den geltenden Vorgaben. Kleine Unternehmen profitieren schnell von Hybridformaten wie ZUGFeRD, während größere Unternehmen und B2G‑Szenarien auf standardisierte XML‑Formate wie XRechnung und Netzwerke wie PEPPOL setzen sollten. Mit klaren Prozessen, geeigneter Software und Schulung der Beteiligten lässt sich der Aufwand für die Umstellung überschaubar halten und zukünftige Einsparungen realisieren.
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