Istversteuerung (auch: Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten) ist ein Verfahren der Umsatzbesteuerung nach deutschem Recht, bei dem die Umsatzsteuer erst mit Vereinnahmung des Entgelts entsteht. Rechtsgrundlage ist unter anderem § 20 UStG: Unternehmer dürfen die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnen, wenn der Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr eine bestimmte Grenze nicht überschritten hat. Die Istversteuerung beeinflusst die zeitliche Zuordnung von Umsatzsteuer und Vorsteuer und hat direkte Auswirkungen auf Liquidität und Buchführung.
Definition und Rechtsgrundlage
Die Istversteuerung regelt, dass die Umsatzsteuer für eine Lieferung oder sonstige Leistung erst dann entsteht, wenn das Entgelt tatsächlich beim leistenden Unternehmer eingeht. Im Gegensatz dazu steht die Sollversteuerung, bei der die Steuer bereits mit Ausführung der Leistung bzw. Ausstellung der Rechnung entsteht.
Wichtig: Die Möglichkeit zur Istversteuerung ist an Voraussetzungen geknüpft (gesetzlich geregelte Umsatzgrenze). Ist die Grenze überschritten, ist in der Regel die Sollversteuerung anzuwenden. Details regelt das Umsatzsteuergesetz (UStG), insbesondere § 20 UStG.
Praktische Auswirkungen in der Buchhaltung
Für die tägliche Buchführung bedeutet Istversteuerung vor allem eine Verschiebung des Zeitpunkts, zu dem die Umsatzsteuer gemeldet und abgeführt wird. Das wirkt sich auf die Umsatzsteuervoranmeldung, die Liquiditätsplanung und den Vorsteuerabzug aus.
Umsatzsteuervoranmeldung
Die Umsatzsteuer ist in der Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum anzugeben, in dem die Zahlung eingegangen ist. Die Abgabe von Voranmeldungen (monatlich/vierteljährlich) bleibt unabhängig von der Besteuerungsart nach den allgemeinen Schwellenwerten und Festlegungen bestehen.
Vorsteuerabzug
Unternehmer, die Istversteuerung anwenden, können den Vorsteuerabzug in der Regel erst im Zeitpunkt der Zahlung an den Lieferanten geltend machen. Das heißt: Wenn Sie die Rechnung erst später bezahlen, können Sie die Vorsteuer ebenfalls erst zu diesem späteren Zeitpunkt in Anspruch nehmen. Dies wirkt sich insbesondere bei Investitionen auf die Liquidität aus.
Vor- und Nachteile mit praxisnahen Beispielen
Die Entscheidung für Istversteuerung hängt stark vom individuellen Geschäftsmodell ab. Nachfolgend praxisnahe Vor- und Nachteile sowie Beispiele:
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Vorteile:
- Bessere Liquidität, wenn Kunden spät zahlen: Sie führen Umsatzsteuer erst ab, wenn Geld eingegangen ist.
- Geringeres Risiko, Umsatzsteuer für Forderungen zahlen zu müssen, die nicht mehr einbringlich sind.
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Nachteile:
- Vorsteuerabzug erst bei Zahlung: Bei hohen Investitionen kann das steuerliche Vorziehen von Abzügen entfallen.
- Verwaltungsaufwand bei Jahresübertragungen und Abstimmungen (offene Posten über Jahreswechsel).
Beispiel 1 – Vorteil (Liquidität): Sie stellen am 20.12.2025 eine Rechnung über netto 1.000 EUR zzgl. 19 % USt (190 EUR). Der Kunde zahlt erst am 15.01.2026. Bei Istversteuerung entsteht die Umsatzsteuer erst im Januar 2026; die Zahlung der 190 EUR an das Finanzamt erfolgt damit später als bei Sollversteuerung.
Beispiel 2 – Nachteil (Investition): Sie kaufen im Dezember eine Maschine und bezahlen erst im Januar. Die Vorsteuer können Sie bei Istversteuerung erst im Januar ziehen, bei Sollversteuerung wäre die Vorsteuer ggf. bereits im Dezember ansetzbar.
Umsetzung in der Praxis und konkrete Buchungssätze
Für die praktische Buchführung beachten Sie folgende Schritte:
- Prüfen Sie, ob Sie die Voraussetzungen für Istversteuerung erfüllen (Hinweis: Umsatzgrenze im vorangegangenen Jahr).
- Teilen Sie dem Finanzamt bei Bedarf mit, dass Sie die Istversteuerung anwenden möchten oder kennzeichnen Sie die Einstellung in Ihrer Umsatzsteuervoranmeldung/Elster-Anmeldung.
- Richten Sie Ihr Buchhaltungsprogramm auf die Versteuerung nach Vereinnahmung ein (Fälligkeitsgestützte Umsatzsteuerbuchung).
- Führen Sie regelmäßige Abstimmungen offener Posten zum Jahresende durch, um Übergänge in die nächste Periode korrekt abzubilden.
Typische Buchungssätze (vereinfachte Darstellung):
- Wenn Zahlung eingeht (Kunde bezahlt Rechnung 1.000 EUR netto + 190 EUR USt = 1.190 EUR):
- Bank an Erlöse 1.000 EUR
- Bank an Umsatzsteuer 190 EUR
- Wenn Sie eine Lieferantenrechnung zahlen (Rechnung 1.000 EUR netto + 190 EUR Vorsteuer):
- Vorsteuer an Bank 190 EUR
- Aufwand/Werbungskosten an Bank 1.000 EUR
| Merkmal | Istversteuerung | Sollversteuerung |
|---|---|---|
| Zeitpunkt Umsatzsteuer | Bei Zahlungseingang | Bei Leistung/Rechnungsausstellung |
| Vorsteuerabzug | meist bei Zahlung | bei Rechnungserhalt/Leistung |
| Liquiditätswirkung | positiv bei Zahlungsverzögerungen | negativ, da Steuern früher fällig |
Fazit: Für viele Freiberufler und kleinere Unternehmen kann die Istversteuerung eine sinnvolle Option zur Verbesserung der Liquidität und zur Reduktion von Risiken durch Forderungsausfälle sein. Prüfen Sie die Voraussetzungen nach § 20 UStG und besprechen Sie die Entscheidung mit Ihrem Steuerberater, um Effekte auf Vorsteuer, Investitionen und Umsatzsteuervoranmeldungen korrekt zu steuern.