Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ist ein vereinfachtes Verfahren zur steuerlichen Gewinnermittlung für natürliche Personen (z. B. Freiberufler, Einzelunternehmer), bei dem der Gewinn als Differenz zwischen tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben eines Kalenderjahres ermittelt wird. Rechtsgrundlage ist § 4 Abs. 3 EStG; maßgeblich ist das Zufluss-/Abflussprinzip (§ 11 EStG).
Wer kann die EÜR verwenden?
Die EÜR richtet sich an Steuerpflichtige, die nicht buchführungspflichtig sind. Typische Anwender sind:
- Freiberufler (Ärzte, Anwälte, Künstler, IT-Berater)
- kleine Gewerbetreibende ohne Pflicht zur doppelten Buchführung
- Einzelunternehmer mit überschaubaren Umsätzen und Gewinnen
Ist aufgrund handels- oder steuerrechtlicher Vorschriften eine Bilanzierung vorgeschrieben, kann die EÜR nicht angewendet werden. Bei Unsicherheit über Ihre Pflicht zur Buchführung prüfen Sie bitte die aktuelle Rechtslage oder sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater.
Wesentliche Grundsätze und Bestandteile
Die EÜR basiert auf dem Zufluss-/Abflussprinzip: Einnahmen gelten in dem Jahr als erzielt, in dem sie zufließen; Ausgaben gelten in dem Jahr als getätigt, in dem sie abfließen. Daher ist die Erfassung zahlungswirksamer Vorgänge zentral.
- Einnahmen: Betriebseinnahmen aus Leistungen, Verkäufen, Honoraren (meist netto, sofern vorsteuerabzugsberechtigt).
- Ausgaben: Betriebsausgaben wie Miete, Material, Fahrtkosten, Bürobedarf (ebenfalls netto, Vorsteuer separat behandeln).
- Anlagevermögen und Abschreibungen (AfA): Anschaffungen von Wirtschaftsgütern mit Nutzungsdauer >1 Jahr werden über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben.
- Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG): Kleine Anschaffungen können je nach aktueller Grenze sofort als Betriebsausgabe abgeschrieben werden (aktuelle GWG-Grenze prüfen).
Praktische Umsetzung in der Buchhaltung
Für die tägliche Praxis empfiehlt sich ein strukturierter Ablauf:
- Erfassen aller Zahlungseingänge und -ausgänge chronologisch.
- Belege systematisch ablegen (elektronisch oder papierbasiert).
- Kategorisierung der Kosten (z. B. Personalkosten, Büromaterial, Reisekosten).
- Monatliche Abstimmung mit Bankkonto und ggf. Kassenbestand.
Konkrete Beispiele
- Laptop-Kauf als Unternehmer: Bei einem Netto-Wert über der GWG-Grenze wird der Betrag aktiviert und über die AfA verteilt; bei Anschaffung unter der GWG-Grenze ist eine Sofortabschreibung möglich.
- Eingegangene Kundenrechnung: Honorare zählen zum Zeitpunkt des Zahlungseingangs als Einnahme; eine Rechnung, die erst im Folgejahr bezahlt wird, gehört in das Jahr des Zuflusses.
- Vorsteuerbehandlung: Als vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer erfassen Sie die Umsatzsteuer getrennt und ziehen die Vorsteuer in der USt-Voranmeldung/ Jahreserklärung ab; in der EÜR werden in der Regel die Netto-Beträge erfasst.
Viele Freiberufler nutzen einfache Tabellen oder Buchhaltungssoftware, die das Zufluss-/Abflussprinzip und die Zuweisung zu Kategorien unterstützt. Automatisierte Bankabstimmungen reduzieren Fehler und Aufwand.
Formale Pflichten, Fristen und Aufbewahrung
Die EÜR wird in der Regel elektronisch über die »Anlage EÜR« im ELSTER-Portal an das Finanzamt übermittelt. Achten Sie auf Fristen für die Einkommenssteuererklärung; bei Fristverlängerungen durch Steuerberater gelten gesonderte Termine.
Wichtige formale Regeln:
- Belegaufbewahrung: Nach § 147 AO sind steuerlich relevante Unterlagen aufzubewahren (in der Regel 10 Jahre für Bücher, Buchungsbelege und Jahresabschlüsse; 6 Jahre für sonstige Unterlagen).
- Vollständigkeit und Nachprüfbarkeit: Jede Einnahme und Ausgabe muss durch einen Beleg nachweisbar sein.
- Umsatzsteuer: Die EÜR ersetzt nicht die Pflicht zu USt-Voranmeldungen oder zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung, sofern Sie vorsteuerabzugsberechtigt sind oder das Finanzamt Vorauszahlungen verlangt.
Tipps für die Praxis
- Führen Sie monatliche Auswertungen, um Liquidität und erwarteten Jahresgewinn zu überwachen.
- Trennen Sie private und betriebliche Konten strikt, um die EÜR nachvollziehbar zu halten.
- Nutzen Sie Vorlagen oder Software, die die Anlage EÜR exportieren kann, um Übertragungsfehler zu vermeiden.
- Klären Sie unsichere Fälle (z. B. Bilanzierungspflicht, steuerliche Behandlung von Sonderfällen) rechtzeitig mit dem Steuerberater.
Die EÜR ist für viele Freiberufler und kleine Unternehmen ein effizientes und praxisnahes Instrument zur Gewinnermittlung. Richtig umgesetzt reduziert sie Bürokratie und bietet eine klare Übersicht über die wirtschaftliche Lage Ihres Betriebs.