Definition: Die Mehrwertsteuer (in der Praxis meist als Umsatzsteuer bezeichnet) ist eine Verbrauchssteuer, die auf den Verkauf von Waren und Dienstleistungen erhoben wird. Unternehmer führen die eingenommene Umsatzsteuer an das Finanzamt ab, können aber im Gegenzug die gezahlte Vorsteuer aus Eingangsrechnungen abziehen. Grundlage ist das deutsche Umsatzsteuergesetz (UStG).
Grundlagen und Rechtsgrundlagen
Die Mehrwertsteuer in Deutschland kennt derzeit zwei reguläre Steuersätze: den Regelsteuersatz von 19 % und den ermäßigten Steuersatz von 7 % für bestimmte Güter und Leistungen (z. B. Lebensmittel, Bücher, Zeitungen). Rechtsgrundlagen sind vor allem das Umsatzsteuergesetz (UStG) sowie ergänzende Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften.
Wichtige Vorschriften sind:
- §19 UStG – Kleinunternehmerregelung (Befreiung von der Umsatzsteuer bei bestimmten Umsätzen; Schwellenwerte beachten).
- §14 UStG – Anforderungen an Rechnungen (Pflichtangaben für den Vorsteuerabzug).
- §20 UStG – Möglichkeit der Ist- oder Sollbesteuerung (Abrechnung nach Vereinnahmung oder nach Leistungserbringung).
Praxis in der Buchhaltung
Für die laufende Buchführung ist die Mehrwertsteuer zentral: sie erzeugt buchhalterisch eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt (Umsatzsteuer) und einen Forderungsanspruch gegenüber dem Unternehmer für die gezahlte Vorsteuer. Der Saldo bestimmt, ob Sie eine Zahlung leisten oder eine Erstattung erhalten.
Buchungssätze und Beispiel
Typischer Buchungsvorgang bei einem Verkauf:
- Warenerlös netto an Forderung (bzw. Bank) – Betrag ohne Umsatzsteuer
- Umsatzsteuer an Forderung (bzw. Bank) – Umsatzsteuerbetrag
Beispiel: Sie verkaufen eine Leistung für 1.000,00 EUR netto zu 19 % USt. Die Rechnung lautet 1.000,00 EUR netto + 190,00 EUR USt = 1.190,00 EUR brutto. Buchhalterisch führen Sie 190,00 EUR als Umsatzsteuerverbindlichkeit.
Bei einem Einkauf über 500,00 EUR netto zu 19 % USt zahlen Sie 95,00 EUR Vorsteuer. In der Umsatzsteuer-Voranmeldung wird die Vorsteuer den Umsätzen gegenübergestellt: 190,00 EUR (ist) − 95,00 EUR (vorsteuer) = 95,00 EUR Zahllast an das Finanzamt.
Umsatzsteuer-Voranmeldung und Fristen
Unternehmer müssen in der Regel monatlich oder vierteljährlich eine Umsatzsteuer-Voranmeldung (USt-VA) abgeben. Die Frequenz richtet sich nach der Höhe der Umsatzsteuerzahllast; neue Unternehmer sind in den ersten beiden Jahren meist monatlich meldepflichtig. Die Voranmeldung ist üblicherweise bis zum 10. Tag des folgenden Monats elektronisch über ELSTER einzureichen. Spätere Fristverlängerungen können durch den Steuerberater gelten.
Zum Jahresende ist zusätzlich eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abzugeben, die die Voranmeldungen zusammenfasst und ggf. Korrekturen enthält.
Besondere Fallgruppen
In der Praxis begegnen Ihnen mehrere Sonderfälle mit besonderem Umsatzsteuerrecht:
- Kleinunternehmerregelung (§19 UStG): Wenn Sie die Voraussetzungen erfüllen, müssen Sie keine Umsatzsteuer ausweisen und abführen, können aber auch keine Vorsteuer geltend machen. Prüfen Sie die aktuellen Umsatzgrenzen (Vorjahr und voraussichtliche Umsätze).
- Reverse-Charge-Verfahren: Bei bestimmten Leistungen (z. B. Bauleistungen, grenzüberschreitende Dienstleistungen) schuldet der Leistungsempfänger die Steuer. Auf Rechnungen ist dies entsprechend zu vermerken.
- Innergemeinschaftliche Lieferungen und Exporte: Lieferungen innerhalb der EU sind unter Voraussetzungen steuerfrei (mit USt-IdNr.-Nachweis). Ausfuhrlieferungen außerhalb der EU sind generell steuerfrei, müssen aber dokumentiert sein.
- Steuerfreie Umsätze: z. B. ärztliche Heilbehandlungen oder bestimmte Versicherungsleistungen – auf korrekte Abgrenzung achten, da kein Vorsteuerabzug möglich ist.
Praxis-Tipps für Freiberufler und Kleinunternehmer
Für die tägliche Arbeit mit der Mehrwertsteuer empfehlen sich folgende Maßnahmen:
- Nutzen Sie eine ordnungsgemäße Rechnungsstellung nach §14 UStG: vollständige Adresse, fortlaufende Rechnungsnummer, Leistungsdatum, Netto- und Steuerbetrag sowie Steuersatz oder Hinweis auf Steuerbefreiung.
- Dokumentieren Sie Eingangsrechnungen sorgfältig, um den Vorsteuerabzug nicht zu gefährden (originale Rechnungen, elektronische Rechnungen aufbewahren).
- Prüfen Sie die Kleinunternehmerregelung vorab: Sie kann administrativen Aufwand reduzieren, hat aber Auswirkungen auf die Preisgestaltung und den Vorsteuerabzug.
- Führen Sie eine getrennte Umsatzsteuerbuchführung (Ausgangs- und Eingangssteuerkonten) und planen Sie Liquidität für die Zahllasten ein.
- Bei Grenzverkehr, Reverse-Charge oder komplexen Fällen rechtzeitig Steuerberater hinzuziehen.
Die korrekte Handhabung der Mehrwertsteuer reduziert Prüfungsrisiken und schützt vor Nachzahlungen. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich die Abstimmung mit dem Steuerberater oder dem zuständigen Finanzamt.