Zahlungserinnerung bezeichnet eine schriftliche oder elektronische Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner, eine fällige, aber noch nicht bezahlte Rechnung zu begleichen. Sie ist die erste Stufe im außergerichtlichen Forderungsmanagement und dient dazu, Zahlungsausfälle zu vermeiden, ohne unmittelbar rechtliche Schritte einzuleiten.
Rechtliche Grundlagen und steuerlich-relevante Aspekte
Eine Zahlungserinnerung ist keine formale Mahnung im Sinne der Rechtspflicht zur Verzugsbestimmung nach dem BGB; dennoch kann sie ausdrücklich darauf hinweisen, dass bei Nichtzahlung Verzug eintritt. Wichtige rechtliche Bezugspunkte sind das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zu Verzug und Verzugszinsen sowie das Handelsgesetzbuch (HGB) zu Aufbewahrungspflichten von Buchungsunterlagen. Steuerlich relevant ist vor allem, dass die Umsatzsteuer je nach gewählter Versteuerungsart (Soll- vs. Ist-Versteuerung) bereits mit Rechnungsstellung oder erst mit Zahlungseingang zu berücksichtigen ist.
Praxisrelevante Hinweise:
- Gemäß BGB treten Verzugsfolgen ein, wenn der Schuldner nach Fälligkeit und Mahnung nicht zahlt; die gesetzlichen Regelungen zu Verzugszinsen und Pauschalbetrag bleiben davon unberührt.
- Unternehmen müssen Zahlungserinnerungen dokumentieren und aufbewahren, da sie Teil der Nachweisdokumentation bei Außenprüfungen sind (Aufbewahrungspflichten nach HGB und AO beachten).
- Die steuerliche Behandlung von Verzugszinsen, Mahngebühren und Forderungsausfällen richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des Steuerrechts und ist abhängig von der Gewinnermittlungsart (EÜR oder Bilanz).
Praktische Anwendung in der Buchhaltung
Für die laufende Buchhaltung ist wichtig: Eine Zahlungserinnerung ändert nicht sofort den buchhalterischen Sachverhalt einer Forderung. Erst bei Realisierung weiterer Positionen (Mahngebühren, Verzugszinsen) oder bei Forderungsausbuchungen sind Buchungssätze erforderlich.
Zeitplan und Vorgehen
- Erste Erinnerung: freundlich, kurz nach Fälligkeit (z. B. 7–14 Tage nach Zahlungsziel) — Ziel: schnelle Klärung bei Übersehen der Rechnung.
- Zweite Erinnerung / Mahnung: nach weiterer Frist (z. B. 14 Tage) mit Hinweis auf Verzugsfolgen.
- Letzte Erinnerung / Androhung: vor Einleitung von Inkasso- oder gerichtlichen Schritten (z. B. 7–10 Tage Frist).
Buchung und Dokumentation
- Keine Buchung bei bloßer Erinnerung; Forderung bleibt in Debitorenkonto bestehen.
- Mahngebühren und Verzugszinsen: erst bei Berechnung in Rechnung stellen bzw. realisiertem Anspruch als sonstige betriebliche Erträge buchen.
- Bei Zahlungseingang nach Erinnerung: Bank an Forderung; bei Teilzahlungen entsprechend anteilig.
- Forderungsausfälle: Prüfung auf Uneinbringlichkeit; ggf. Bildung einer Einzelwertberichtigung oder Abschreibung als Forderungsverluste (steuerlich absetzbar nach Nachweis).
Musterformulierungen und Beispiele
Prägnante und rechtssichere Formulierungen erhöhen die Wirkung der Zahlungserinnerung. Beispiele für kurze Textbausteine:
- Freundliche Erinnerung: "Unsere Rechnung Nr. 1234 vom 01.10.20XX in Höhe von 1.200,00 EUR ist am 15.10.20XX fällig. Bitte überweisen Sie den Betrag innerhalb von 7 Tagen."
- Erinnerung mit Hinweis auf Verzug: "Trotz Fälligkeit haben wir bislang keinen Zahlungseingang festgestellt. Bitte begleichen Sie den offenen Betrag bis zum XX.XX.XXXX. Bei weiterer Nichtzahlung sehen wir uns gezwungen, Verzugszinsen und Mahngebühren zu berechnen."
- Letzte Aufforderung: "Dies ist die letzte Aufforderung vor Einleitung weiterer Schritte. Bitte überweisen Sie binnen 7 Tagen oder kontaktieren Sie uns zur Vereinbarung einer Ratenzahlung."
Konkretes Beispiel für Buchhaltungspraxis: Sie verschicken eine Zahlungserinnerung 10 Tage nach Fälligkeit. Kommt keine Reaktion, stellen Sie in der zweiten Mahnung mögliche Mahnkosten in Rechnung und berechnen Verzugszinsen ab dem Tag des Verzugseintritts. Diese Posten buchen Sie erst, wenn Sie sie als Forderung an den Kunden faktisch stellen oder wenn Zahlungen eingehen.
Folgen bei Nichtbeachtung und nächste Schritte
Wenn Zahlungserinnerungen wirkungslos bleiben, folgen meist Mahnung, ggf. Inkassoverfahren und gerichtliches Mahnverfahren. Für kleine Unternehmen und Freiberufler ist eine abgestufte, dokumentierte Vorgehensweise wirtschaftlich sinnvoll, um Kosten zu begrenzen und steuerliche Auswirkungen zu kontrollieren.
- Mahnverfahren: schriftliche Mahnung → Mahnbescheid → Vollstreckungstitel.
- Inkasso: Einschaltung von Inkassodienstleistern kann kurzfristig sinnvoll, aber kostenintensiv sein.
- Steuerliche Folgen: Forderungsverluste sind bei Nachweis steuerlich zu berücksichtigen; Umsatzsteuerkorrekturen können notwendig werden, falls Leistung nicht bezahlt bleibt und Forderung uneinbringlich wird.
Fazit: Eine wohlformulierte, rechtlich informierte Zahlungserinnerung ist ein wichtiges Instrument des Forderungsmanagements. Dokumentieren Sie Erinnerungen sorgfältig, halten Sie Fristen ein und berücksichtigen Sie sowohl handels- als auch steuerrechtliche Vorgaben, um Liquidität und steuerliche Korrektheit zu sichern.